„In 9 von 10 Fällen ist die Versicherungsdeckung unzureichend“

Mittelständischen Unternehmen weht der konjunkturelle Wind immer rauer entgegen. Auf den ersten Blick verständlich, dass mancher beim Kostensparen auch auf den Versicherungsschutz schielt. Doch Sascha Rother, Geschäftsführer der EFFEKT Unternehmensgruppe mit Sitz in Mülheim Kärlich, kann davor nur warnen. Im Interview erklärt er, warum eine effektive Schadenregulierung der Schlüssel zum Unternehmenserfolg ist und wie fachkundige Unterstützung Unternehmen in kritischen Zeiten helfen kann.

Herr Rother, könnten Sie uns einige Beispiele nennen, die die Komplexität der Schadenregulierung verdeutlichen?
Sascha Rother: Ein eindrückliches Beispiel ist ein Vorfall auf einer Baustelle, auf der der Mitarbeiter eines Subunternehmers, der für den Gerüstbau verantwortlich war, schwer verunglückte. Die Berufsgenossenschaft versuchte zuerst, den Subunternehmer in Regress zu nehmen, was jedoch aufgrund seiner Insolvenz und der fehlenden Betriebshaftpflichtversicherung scheiterte. Daraufhin richteten sie ihre Forderungen an unseren Mandanten, den Generalunternehmer, mit der Begründung, dass er die Gesamtverantwortung für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften trage.

Gibt es weitere Fälle, die besondere Herausforderungen mit sich brachten?
Sascha Rother: Ein weiterer tragischer Fall ereignete sich in einem Dachdecker-Unternehmen im Saarland. Dort stürzte der Sohn des Inhabers während der Arbeit aus acht Metern Höhe und verstarb. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den Unternehmer. Zusätzlich forderte die Berufsgenossenschaft eine hohe, sechsstellige Summe zur Deckung der durch den Unfall entstandenen Kosten. Dieser tragische Vorfall im Dachdecker-Unternehmen unterstreicht eindrücklich die Bedeutung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen und deren konsequenter Einhaltung, um rechtliche Konsequenzen und hohe finanzielle Forderungen zu vermeiden.

© Sascha Rother, EFFEKT Unternehmensgruppe

Wie wirkt sich eine unzureichende Versicherungsdeckung auf die Schadenregulierung aus?
Sascha Rother:  Ein prägnantes Beispiel dafür bot der Brandschaden bei einem Getränkehandel in Simmern. Unsere Kanzlei hatte nur wenige Monate vor dem Vorfall die Versicherungsverträge des Unternehmens überprüft und bestimmte Risiken identifiziert. Der Versicherungsberater des Unternehmers, einst ein guter Freund, wies unsere Bedenken zurück und behauptete, im Schadensfall alles regeln zu können. Doch als der Schaden eintrat, lehnte der Versicherer die Deckung von rund 400.000 Euro ab, da das Kleingedruckte des Vertrages bestimmte Ansprüche ausschloss.
Dieser Vorfall zeigt deutlich, wie wichtig eine gründliche Überprüfung und das genaue Verständnis von Versicherungsverträgen sind, um im Schadensfall vorbereitet zu sein und unerwartete Ausschlüsse zu vermeiden.

Was sagt Ihre Erfahrung als Experte für das Versicherungswesen über die Häufigkeit von unzureichenden Versicherungsdeckungen?
Sascha Rother: Bei der Prüfung der Versicherungen unserer Interessenten stellen wir fest, dass in 9 von 10 Fällen die Versicherungsdeckung unzureichend ist. In 60% der Fälle sind es sogar gravierende Einschränkungen, die im Schadenfall zur Ablehnung der Zahlung und somit zur Insolvenz führen können. Schuld sind oft Versicherungswerke mit 50-120 Seiten Umfang, die entweder überhaupt nicht geprüft werden oder von Geschäftsführern, die mit Ihrem Tagesgeschäft voll ausgelastet sind.

Was können Unternehmer tun, um solche Risiken zu minimieren?
Sascha Rother: Für Unternehmer ist es entscheidend, dass die Haftungsreduzierung auf Basis der Versicherungsverträge funktioniert. Dies bedeutet, dass das berühmte Kleingedruckte, also die 100 Seiten die keiner liest und keiner versteht, auf den Punkt sind. In der Praxis kommen Versicherungsverträge jedoch regelmäßig an Ihre Grenzen, sodass eine wirksame Haftungsreduzierung auch durch eine sinnvolle Gesellschaftsstruktur unterstützt werden muss. Innerhalb unserer Unternehmensgruppe bieten wir den Unternehmern somit nicht nur den Themenschwerpunkt Versicherungsrecht, sondern auch Handels- und Gesellschaftsrecht, Steuerrecht sowie Bau- und Immobilienrecht. Diese Schwerpunkte stellen für den Unternehmer eine sinnvolle und auf Unternehmer abgestimmte ganzheitliche Beratung sicher. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten können solide Vorbereitungen in diesen Bereichen entscheidend sein, um das Überleben und den Erfolg des Unternehmens zu sichern. In der heutigen Zeit, in der Unternehmer erheblichen Haftungsrisiken gegenüberstehen, ist es unerlässlich, Steuerlast, Liquidität und Unternehmensstruktur kontinuierlich im Blick zu behalten.

AUCH INTERESSANT

Weitere Beiträge

Stiftungsberatung bei der Bethmann Bank

Stiftungen sind weit mehr als nur finanzielle Organisationen – sie sind Vermächtnisse, die über Generationen hinweg Wirkung entfalten. Bei...

Ein Vierteljahrhundert Erfolg und Anpassungsfähigkeit

In den letzten fast 25 Jahren hat sich Skyline Express zu einem Spezialisten für anspruchsvolle Transportlösungen in der Luft,...

„KI wird zur entscheidenden Schlüsseltechnologie“

Besonders große Konzerne setzen auf zukunftsweisende Technologien wie Künstliche Intelligenz, um ihre Effizienz zu erhöhen. Warum auch kleine und...

Die Vendor-Lockin-Falle von VMware

Da hat die Falle zugeschnappt: Vendor-Lockin tritt auf, wenn ein Kunde stark von einem Anbieter abhängig und ein Wechsel...

E-Magazin

Themenvorschau Juli-Ausgabe