Das Thema psychische Gesundheit bei Kindern ist präsenter denn je, doch lange Wartezeiten auf Therapieplätze erschweren frühzeitige Hilfe. Das Startup elinava entwickelt digitale Lösungen, die Familien praxisnah unterstützen und Kindern frühzeitig Hilfe bieten. Co-Founder Jesse Grundke über die Entstehung von elinava und welche Vision und Unterstützung das Unternehmen für die psychische Gesundheitsversorgung von Kindern verfolgt.
Herr Grundke, Ihr Weg zu elinava war nicht geradlinig. Was hat Sie dazu gebracht, sich auf die psychische Gesundheit von Kindern zu konzentrieren?
Jesse Grundke: Ursprünglich haben wir eine Softwareanwendung zur Kommunikation mit Bewerbern entwickelt und bereits erste Kunden gewonnen. Durch einen Zufall sind wir darauf gestoßen, dass sich der Ansatz auch in der Psychotherapie sinnvoll einsetzen lässt. Daraus entstand ein Nebenprojekt, bei dem wir schnell gemerkt haben, wie viel sinnstiftender und motivierender diese Arbeit für uns ist. Natürlich war ein solcher Pivot keine einfache Entscheidung, doch im Mai dieses Jahres haben wir uns endgültig dazu entschlossen, vollständig auf den Bereich Psychotherapie umzuschwenken – und diese Entscheidung bislang keine Sekunde bereut.
Wie unterstützt elinava Kinder und Eltern in diesem Bereich ganz konkret?
Jesse Grundke: Konkret fokussieren wir uns aktuell auf Trennungsangst bei Kindern. Diese zeigt sich häufig darin, dass sich Kinder nur schwer von einer Bezugsperson – meist der Mutter – lösen können, was zu Schulvermeidung und erheblichem Leidensdruck in der Familie führt. Obwohl bei einer solchen Angststörung ein frühzeitiges Gegensteuern wichtig ist, warten Kinder in Deutschland durchschnittlich über sechs Monate auf einen Therapieplatz. Deshalb haben wir bei elinava ein digitales Therapieprogramm entwickelt, das auf einem bestehenden Therapiemanual basiert und Eltern befähigt, ihr Kind wirksam zu unterstützen. Herzstück ist eine multimediale App mit Videos, Texten und Übungen, ergänzt durch ein Kinderbuch mit altersgerechter Psychoedukation. Zusätzlich gibt es psychologischen Support per Chat.
Sie sind momentan dabei, Ihre App als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) zuzulassen. Was beinhaltet dieser Prozess und welche Vorteile ergeben sich dadurch?
Jesse Grundke: DiGAs gibt es seit fast genau fünf Jahren und sie werden umgangssprachlich auch „App auf Rezept“ genannt. Der große Vorteil: Die Anwendungskosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sodass unser Therapieprogramm für Familien unabhängig vom Einkommen kostenlos ist. Für die Anerkennung muss die App zunächst als Medizinprodukt zugelassen werden und anschließend in einer klinischen RCT-Studie einen positiven Versorgungseffekt nachweisen. Der gesamte Prozess ist kapitalintensiv und langwierig, aber einen Großteil der Mittel konnten wir bereits sichern und wir haben starke Partner an unserer Seite.
Um einen solchen Prozess erfolgreich zu durchlaufen, braucht es ein gut aufgestelltes Team. Welche Perspektiven bringen Sie zusammen und welchen Mehrwert haben Sie dadurch?
Jesse Grundke: Das Team von elinava ist interdisziplinär und vereint Erfahrung in Softwareentwicklung, Psychotherapie, Marketing und Illustration. Mein Co-Founder Jan-Alexander Jäger übernimmt die App-Entwicklung, die technischen Zulassungen und koordiniert dazu auch externe Freelancer. Janna Grundke, approbierte Psychologische Psychotherapeutin, entwickelt das therapeutische Konzept und ist Autorin des Kinderbuchs. Ich selbst komme aus Business Development, Marketing und Vertrieb. Außerdem unterstützt uns Miriam Frömming, die das Kinderbuch gestaltet und illustriert. Ohne diese Kombination aus medizinischer, technischer und kindlicher Expertise müsste vieles extern eingekauft werden, was den Kapitalbedarf vor der Markteinführung deutlich erhöhen würde.
Welche Rolle spielt elinava langfristig in der psychischen Gesundheitsversorgung von Kindern?
Jesse Grundke: Langfristig möchte elinava Kindern frühzeitig psychische Unterstützung bieten und damit eine aktive Rolle in der Gesundheitsversorgung übernehmen. Lange Therapiewartezeiten für Kinder sind ein generelles Problem und DiGAs sollen helfen, diese für leichtere Fälle sinnvoll zu überbrücken und das Gesundheitssystem zu entlasten. Mit elinava wollen wir zukünftig möglichst viele psychische Diagnosen im Kindesalter abdecken. Nach dem Konzept zur Trennungsangst sind bereits weitere DiGAs in Planung, beispielsweise zu sozialen Ängsten oder Depressionen. So möchten wir Kindern und ihren Familien von Beginn an praktisch und wirksam zur Seite stehen.





