Energieeffizienzgesetz 2023

Bedeutung für den energieintensiven Gebäudesektor

Die aktuelle Form des Energieeffizienzgesetzes weist in die richtige Richtung und berücksichtigt auch im Detail wichtige Aspekte, die bisher eher die praktische Umsetzung ausbremsten. Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, sind aber weitere Maßnahmen notwendig. Hier sind Politik sowie die Eigentümer von Gewerbe- und Privatimmobilien gleichermaßen gefordert. Ein Gastbeitrag von Florian Bauer, Geschäftsführer der Bauer Immobilien GmbH.

Bis 2030 sollen insgesamt bis zu 500 Terrawattstunden Energie eingespart werden – sowohl auf Wirtschafts-, als auch auf Endverbraucherseite. Dieses anspruchsvolle Ziel lässt sich nur erreichen, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Erfreulicherweise beinhaltet die jüngste Version des Energieeffizienzgesetzes etliche Verbesserungen und Anpassungen, die ärgerliche Lücken und Hindernisse der Vergangenheit endlich schließen konnten. Ein gutes Beispiel ist die überfällige Qualifizierung von privaten Gartenarealen als geeignete Standfläche für PV-Anlagen, wenn die verfügbaren Dachbereiche nicht die geeignete Ausrichtung aufweisen. Diese vermeintlich kleine Korrektur wird meiner Einschätzung nach einen erstaunlich weitreichenden Effekt nach sich ziehen. Dennoch eröffnen sich noch etliche kurz-, mittel- und langfristige Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Hier ergeben sich signifikante Unterschiede für gewerbliche und privatgenutzte Gebäude.

Gewerbliche Gebäude – hoher Energieverbrauch, wenige Fördertöpfe

Circa 70 Prozent des Primärenergiebedarfs in Deutschland fällt auf den gewerblichen Bereich, 30 Prozent auf private Haushalte. Am Gesamtenergieverbrauch in Deutschland ist der Gebäudesektor weiterhin zu ca. einem Drittel beteiligt. Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass Büroimmobilien, Produktionsanlagen, touristisch genutzte Gebäude, Lager- und Logistikhallen aber eben auch die Privatimmobilie immer noch sehr viel Energie verbrauchen.
Gleichwohl müssen Unternehmen vorausschauender planen und investieren als private Haushalte. Zahlreiche Förderprogramme, die Eigentümer von Privatimmobilien beanspruchen können, stehen Gewerbetreibenden nicht oder nur sehr eingeschränkt offen.
Gute Ideen, wie das Errichten eines Windrads zur Deckung des Strombedarfs eines energieintensiven Betriebs, müssen daher komplett mit eigenen Mitteln finanziert werden. Angesichts unsicherer Zeiten und schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen erfordern zukunftsorientierte Investitionen aktuell wesentlich mehr Risikobereitschaft und Durchhaltevermögen bei Unternehmensverantwortlichen.

Eigentümer von Privatimmobilien sehen sich steigenden Kosten gegenüber

Zumindest der Faktor der stetig zunehmenden Kosten trifft auch Eigentümer von Privatgebäuden. Einerseits steigen die Preise für Heizung und Strom, andererseits werden auch Maßnahmen zur energetischen Sanierung nicht günstiger. Wer die alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe austauschen oder neue Fenster und Türen installieren will, sollte über nennenswerte Rücklagen verfügen, da passende Fördermaßnahmen nur einen geringen Teil der Ausgaben kompensieren können.
Mittlerweile beanspruchen energetische Sanierungen bei einem normalen Wohngebäude mit 135 qm und durchschnittlichem energetischen Profil bis zu 80.000 Euro. Hat man sich dann für eine Investition entschieden, steht noch lange nicht fest, ob und wann überhaupt qualifizierte Fachkräfte zur Installation und Inbetriebnahme zur Verfügung stehen. Dieser Flaschenhals beeinträchtigt Privat- und Gewerbegebäude gleichermaßen. Langfristig muss hier die Attraktivität und Entlohnung verbessert werden, kurz- und mittelfristig könnten neue Anreize für fachkundige Handwerker aus dem internationalen Umfeld die Situation entspannen.

Die Perspektive bestimmt den Umfang der energetischen Sanierung

Angesichts der erwähnten Rahmenbedingungen lassen sich keine allgemeingültigen Empfehlungen bezüglich des Sanierungsumfangs geben. Als Immobilienunternehmer kann ich aber bestätigen, dass sich der Umfang der energetischen Ausstattung positiv in der Vermarktung, aber auch bezüglich der Folgeaufwendungen niederschlägt. Die Nebenkosten reduzieren sich, zudem fallen weniger Sanierungsmaßnahmen an. Dennoch steht immer die Frage im Raum: Welche zeitlichen Rahmen lege ich an?
Als Eigentümer eines Altbaus werde ich kurz- bis mittelfristig kaum die hohen Investitionen zum Erreichen des KfW-40-Standards über die möglichen Einsparungen kompensieren können. Aktuell bewegen sich die Anschaffungs- und Montagekosten für Dämmungen im Fenster- und Dachbereich auf einem Niveau, das Investitionen in absehbarer Zeit zumindest fraglich erscheinen lässt.
Eigentümer von Mietshäusern und -anlagen können aber zum Beispiel die Kosten für sich und die Bewohner über das Thema Mieterstrom senken und dezentral zur Energiewende beitragen. Hier ist uns Österreich schon ein gutes Stück voraus – Über das unkomplizierte “Energy Sharing”-Konzept lässt sich überschüssiger Solarstrom einfach an Nachbarn weiterleiten.  

Fazit: Gezielte und überlegte Förderungen bleiben der effektivste Hebel

Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass staatliche Förderungen sowohl im gewerblichen als auch im privaten Immobiliensektor einen wesentlichen Treiber des notwendigen Transformationsprozesses für mehr Nachhaltigkeit darstellen.
Dabei kommt es aber nicht nur auf die Quantität, sondern auch sehr auf die Qualität und Zielgenauigkeit an. Welche Hemmnisse lassen sich bei der Verbreitung von PV-Technik konkret ausräumen? Welche regionalen Unterschiede wirken auf die Effektivität von Windkraftanlagen ein? Ob und inwieweit auf Bundes-, Länder- und Kommunal-Ebene auf die jeweiligen Bedürfnisse und Rahmenbedingungen eingegangen wird, kann entscheidend für die langfristige Erfolgsbilanz werden. Hier sehe ich noch viel Optimierungs- und Handlungsbedarf.

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