Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit wurde das Projekt Weiterbildung 4.OWL erfolgreich abgeschlossen. Das Ergebnis ist ein neues Weiterbildungsökosystem, das modellhaft für die Umsetzung digitaler Potenziale der Weiterbildung steht. Unter dem Namen Next Learning Hub erhalten Lerninteressierte Unterstützung bei der Suche nach passenden Lernangeboten. Herzstück sind zwei digitale Tools, der Next Learning Finder und der Next Learning Creator. Oliver Lummer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IEM, über Weiterbildung in digitalen Zeiten.
Wie können Weiterbildungsbedarfe erfasst und leichter an Weiterbildungsanbieter übermittelt werden?
Oliver Lummer: In unserer Studie „Weiterbildung und Digitale Transformation in OWL“ wurde deutlich, dass die Erfassung von konkreten Weiterbildungsbedarfen und die Suche passender Angebote für viele Unternehmen herausfordernd ist. So gibt es häufig einen größeren internen Abstimmungsbedarf zwischen Abteilungen oder zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitenden darüber, welche Ziele und Anforderungen in einem geplanten Lernangebot berücksichtigt werden sollen. Daneben ist es aufwendig, passende Angebote zu finden oder Anforderungen an Weiterbildungsanbieter für unternehmensindividuelle Vorhaben zu kommunizieren. Um diese Prozesse zukünftig zu erleichtern, wurde im Projekt das Tool„Next Learning Finder“ entwickelt. Es bietet einen geleiteten Prozess zur Erfassung aller wichtigen Anforderungen an ein passgenaues Lernangebot. Dabei werden teilstandardisiert die wichtigsten Anforderungen an das gewünschte Lernangebot erfasst – vom Thema, über Rahmendaten wie Umfang, Format und Budget, bis hin zu Wissensständen und Zielen der Teilnehmenden. Im letzten Schritt können Nutzer dann mit potenziellen Weiterbildungsanbietern aus OWL in Kontakt kommen und ihrer Anfrage übermitteln.
Wie funktioniert die Kontaktaufnahme mit den Weiterbildungsanbietern?
Oliver Lummer: Auf der Grundlage eines umfangreichen Kategoriensystems im Hintergrund werden zur Übermittlung der Anfrage nur Anbieter angezeigt, die die Kompetenz besitzen im angegebenen Themenfeld ein Lernangebot zu entwickeln. Weiterbildungsanbieter erhalten damit aussagekräftige Anfragen und können passende Angebote konzipieren. Findet sich kein passender Anbieter, sollen Anfragen perspektivisch auch als öffentliches Gesuch auf dem Next Learning Hub, der zentralen Weiterbildungsplattform des Projekts, veröffentlicht werden können.
Der Einsatz verschiedener Lernformate hat die Anforderungen an Bildungspersonal erhöht, gute Lernangebote bereitzustellen.
Wie lassen sich passende Lernangebote entwickeln?
Oliver Lummer: Hochwertige Lernangebote zu konzipieren und zu entwickeln, bedeutet für Unternehmen und Weiterbildungsanbieter gleichermaßen eine besondere Herausforderung. Der Einsatz verschiedener Lernformate wie Präsenz-Trainings, Live-Online-Trainings, E-Learnings oder eine Kombination aus diesen Formaten haben die Anforderungen an Bildungspersonal erhöht, gute Lernangebote bereitzustellen. Ein weiteres Problem ergibt sich auch dadurch, dass nicht nur professionelle Trainer und Learning-Designer Bildungsangebote erstellen, sondern vermehrt auch Fachkräfte ohne pädagogische Qualifikation, was häufig unter dem Begriff „User generated Content“ diskutiert wird. Um dieser Situationzu begegnen und Personen auf unterschiedlichen Erfahrungsstufen eine qualitätsorientierte Konzeption von Lernangeboten zu erleichtern, wurde das digitale Tool „Next Learning Creator“ entwickelt. Das Tool unterstützt Ersteller von Lernangeboten dabei, die Lernangebote zielgerichtet und sinnvoll strukturiert zu konzipieren.
Wie funktioniert der Next Learning Creator?
Oliver Lummer: Der Next Learning Creator unterstützt dabei, didaktisch hochwertige Lernangebote zu konzipieren. Zunächst muss der Nutzer die wichtigsten Eckdaten wie zum Beispiel Lernziele oder Zeitumfang zum geplanten Lernangebot eingeben. Anschließend kann er alleine oder im Team die Inhalte für das Grobkonzept erarbeiten und die inhaltliche Struktur im Next Learning Creator aufbauen. Danach erhält der Nutzer Empfehlungen für Lernformate, die sich für die Umsetzung des Vorhabens am besten eignen. Über Vorlagen lässt sich zudem eine inhaltliche und methodische Struktur aufbauen, die die einfache Kombination verschiedener Lernformate ermöglicht.
Mithilfe von methodischen Vorschlägen, einem Lernzielassistenten und verschiedenen Auswahloptionen lassen sich verschiedene Lernbausteine nach und nach zur finalen Version eines Konzepts zusammensetzen. Im Anschluss erfolgt eine automatisch generierte Analyse, die organisatorische und didaktische Optimierungsempfehlungen zur Verbesserung des Lernangebots ausgibt.
Nach der Überarbeitung und aussagekräftiger Beschreibung steht das Lernangebot zur Veröffentlichung auf Webseiten, in Learning Management Systemen oder anderen Plattformen bereit und lässt sich mit einer didaktisch fundierten Konzeption aus dem Tool umsetzen.
Welche Rolle spielen digitale Werkzeuge in der Weiterbildung?
Oliver Lummer: Digitale Werkzeuge können aufwendige Prozesse vereinfachen und stiften insbesondere einen Mehrwert, wenn sie mit bestehenden Systemen über entsprechende Schnittstellen verbunden sind und sich sinnvoll in die vorhandenen Strukturen von den beteiligten Akteuren einfügen. Die von uns entwickelten Tools sind prototypisch an die Systeme des Lernplattformbetreibers Magh und Boppert aus Paderborn angebunden, aber funktionieren auch als eigenständige Web-Applikationen. Durch die Entwicklung unserer Tools können wir bestehende Medienbrüche in der Suche, Abstimmung, Konzeption und Veröffentlichung von Lernangeboten verringern und haben lernplattformbezogene Innovationen geschaffen, die professionellen Nutzern von Lernplattformen, aber letztlich auch den Lernenden in Form von qualitativ besseren Lernangeboten zugutekommen.
Wie sind Sie bei der Entwicklung der Tools vorgegangen?
Oliver Lummer: Oberste Priorität war es, eine übersichtliche und einfache Gestaltung der Benutzeroberflächen zu schaffen und Unterstützungsfunktionen zu implementieren, sodass Mitarbeitende mit verschiedenen Erfahrungsstufen ohne größere Einarbeitungszeit und möglichst intuitiv mit den Tools arbeiten können. Daneben war es ein Ziel, dass unsere Tools auch kollaboratives Arbeiten ermöglichen, da Lernangebote häufig in der organisationsinternen und -externen Zusammenarbeit entstehen und viele Schleifen der Erstellung und Überprüfung erfordern. Erreichbar sind unsere Tools über die Weiterbildungsplattform Next Learning Hub OWL (https://next-learning-owl.de), auf der sich neben unseren Tools attraktive Weiterbildungsangebote aus OWL finden, die alle online buchbar sind.