Die Daten von ImmoScout24 zeigen für das erste Quartal 2024 eine steigende Nachfrage auf dem Immobilienmarkt. Hendrik Richter, Geschäftsführer der Onlineplattform ohne-makler.net, wertet diese Entwicklung als Zeichen der Stabilisierung, auch wenn die Marktsituation weiterhin von hohen Zinsen, Inflation und hohen Nebenkosten geprägt ist. Im Interview geht Herr Richter auf attraktive Lagen, den Trend zu Privatverkäufen ohne Makler ein und gibt wertvolle Tipps für einen erfolgreichen Immobilienverkauf. Außerdem wirft er einen Blick auf die kommenden Monate und die Bedeutung des energetischen Zustands von Immobilien.
Herr Richter, die Nachfrage zieht laut Daten von ImmoScout24 am Käufermarkt im Q1 nachweislich an. Wie interpretieren Sie diese Entwicklung?
Sicher ist, dass die kriselnde Marktlage noch lange nicht zu Ende ist.
Der Markt ist aus unserer Sicht weiterhin dabei, sich neu zu sortieren. Hohe Zinsen, Inflation und teure Verbraucherkosten sind bis auf weiteres das neue Normal.
Trotzdem ist es ein Zeichen der Stabilisierung, wenn zumindest ausgewählte Portale anziehende Nachfragen an den Immobilienmärkten signalisieren. Auch wir leiten aus unseren Zahlen bei ohne-makler eine vergleichbar positive Entwicklung zugunsten einer Erholung ab. Das kann im Optimalfall auch das Verhältnis zwischen Verkäufern und Käufern wieder beflügeln.
Gibt es Lagen, die davon mehr profitieren als andere?
Aktuell treffen in den B-Städten vergleichsweise niedrige Kaufpreise auf steigende Mieten, was diese Standorte beispielsweise für Investoren interessant macht. Wenn wir uns das auf der Karte einmal genauer anschauen, fallen darunter die Städte ab 150.000 Einwohnern und mehr. Sie liegen direkt im Umfeld der A-Städte und punkten mit moderner Anbindung sowie regionalem Wirtschaftspotential. Beispielsweise Lübeck, Essen, Potsdam oder Mannheim gehören dazu.
Diese Standorte stehen seit einigen Jahren im verstärkten Wettbewerb zu den Top Sieben, in denen meistens die finanzstärksten Käufergruppen unterwegs sind. Zwar ist in diesen Städten die Nachfrage höher. Gleiches gilt allerdings auch für Preise und Finanzierungskosten. So gesehen können B-Städte als attraktive Standorte für Käufer, Verkäufer aber vor allem Investoren gesehen werden.
Welche Auswirkungen hat das auf die Privatverkäuferquote?
Sehen Sie, dass vermehrt ohne Makler verkauft wird?
Zumindest auf Basis unserer Daten erkennen wir eine erhöhte Anzahl an Privatverkäufern von Immobilien, die unsere Kunden werden wollen. Weitestgehend lage-unabhängig und unabhängig davon, ob beispielsweise ein Haus oder eine Wohnung verkauft wird.
Die jahrelang konstant hohe und im Q1 2024 stark erhöhte Nachfrage nach unseren Leistungen sehen wir als klares Zeichen dafür, dass Eigentümer in Deutschland mehr und mehr auf Do-it-yourself-Methoden im Verkauf von Immobilien setzen. Eine der Gründe ist quasi offensichtlich: Die Maklercourtage wird in vielen Verkaufskonstellationen als zu hoch und als illegitim wahrgenommen.
Statt alles im Verkauf in fremde Hände zu geben, wird nun selber angepackt. Wir begrüßen diese Entwicklung natürlich und wollen weiter die Rahmenbedingungen für Privatverkäufer maximal verbessern.
Heißt das, dass der Immobilienmakler auf lange Sicht obsolet wird?
Der gesamte Berufsstand sicherlich nicht. Dennoch gehört auch zur Wahrheit dazu, dass sich die große Mehrheit der Verkäufer von Immobilien in Deutschland, den Makler nicht mehr leisten wollen. Bedeutet also, dass die Anforderungen an Makler immer höher werden. Diejenigen, die Kaufpreise entweder zu hoch und im Sinne einer hohen Provision oder zu niedrig ansetzen, um dadurch schneller an den Deal zu kommen, werden auf lange Sicht keine Chance mehr haben.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Immobilienverkauf in Zukunft von den Verkäufern vermehrt selber in die Hand genommen wird. Makler müssen sich hier entweder anpassen oder mit den Konsequenzen im operativen Geschäft leben.
Welche Tipps und Ratschläge haben Sie, wenn heute ein Objekt verkauft werden soll?
Ganz zentral ist besonders in Zeiten des gedrehten Marktes die Vermarktung der Objekte. Hochwertige Aufnahmen, Auflistung der modernen Gebäudeausstattung, energetischer Zustand, Lage sowie die Einmaligkeit der Immobilie müssen sofort für Interessenten gut aufbereitet sichtbar sein und gehören in jede Immo-Anzeige.
Darüber hinaus braucht es einen realistischen Wert der Immobilie, der von Technologieplattformen seriös ermittelt werden kann. So entsteht eine gemeinsame Basis im Käufer-Verkäufer-Verhältnis. Außerdem gibt es Hacks, die unabhängig davon, wie es den Märkten gerade geht, fast immer gelten. Nicht emotional im Verkaufsgespräch handeln aber dafür immer auf das persönliche Verhältnis zum Interessenten achten, gehören auf die Checkliste von Verkäufern.
Und natürlich, wer kennt es nicht: Wir bei ohne-makler empfehlen, höchste Professionalität bei den Bildern in der Anzeige walten zu lassen. Beste Lichtverhältnisse, hohe Auflösung und ein vollständiger Einblick in Räume sind dabei sehr wichtig. Das Auge kauft sozusagen mit.
Wie lauten abschließend Ihre Marktprognosen für die nächsten Monate?
Persönlich gehe ich von einer weiter steigendenden Nachfrage an den Märkten aus, sollte es keine großen geopolitischen oder konjunkturellen Krisen geben. Damit einher geht auch die Stabilisierung von Preis- und Zinsniveau. Aus unternehmerischer Perspektive setze ich sehr viel auf eine weitere Professionalisierung der Privatverkäufer. Nicht immer sofort an den Makler denken, sondern den Verkauf selbst organisieren: Das sorgt für eine wirtschaftliche Entlastung von Verkäufern und Käufern und schafft zudem größere Transparenz an den Märkten.
Abschließend sollten alle Beteiligten 2024 und auch in den Folgejahren dem Thema Energie einen hohen Stellenwert einräumen. Ein schlechter energetischer Zustand hat in der Vergangenheit für hohe Abschläge gesorgt. Umgekehrt können solide energetische Zustände der Gebäude ein großer Trumpf in Verhandlungen sein. Je besser der energetische Zustand, desto höher meist auch der finale Verkaufspreis.