Die Anforderungen an zeitgemäße Büroarbeitsplätze ändern sich, weil sich die Ansprüche der Menschen verändern. Was das für die Arbeitsplatzgestaltung bedeutet.
Sabrina Müller freut sich aufs Büro. Die letzten zwei Tage hat sie im Homeoffice gearbeitet. Das gefällt ihr, denn so entfällt der morgendliche Stau auf den Straßen. Auch muss sie nicht so früh aus dem Haus. Das kommt ihr sehr entgegen, weil es so weniger Stress mit der Versorgung der Kinder gibt. Ist der Nachwuchs krank, kann sie sich in den eigenen vier Wänden um ihn kümmern. So gut es auch ist, dauerhaft reichen ihr die Verlockungen des hybriden Arbeitens nicht. Denn sie schätzt es, vor Ort zu sein, um mit den Kollegen zu kommunizieren, sich auszutauschen. Der regelmäßige Video-Call aus den eigenen vier Wänden ist für sie kein Ersatz, weil er kein echtes Miteinander schafft, ist die Marketingfachfrau überzeugt.
Das sehen die Spezialisten vom Industrieverband Büro und Arbeitswelt e. V. (IBA) ähnlich. Büroarbeit sei mehr als Ausstattung und Effizienz, Kreativität und Teamgeist entstünden nicht im Chatverlauf und für ein gutes Miteinander lohne sich der Weg ins Büro in jedem Fall. Jeder Tag, an dem man das Büro links liegen lasse und die Arbeitszeit lieber in den eigenen vier Wänden verbringe, stehe für eine Reihe vertaner Chancen, betont der IBA.
„Büros sind heute mehr als reine Arbeitsplätze – sie sind dynamische Lebensräume, Orte der Begegnung und des Lernens, die Menschen zusammenbringen und die die Werte und die Kultur eines Unternehmens widerspiegeln“, sagt Jasmin Najiyya vom IBA.
Das Büro biete mehr Struktur, mehr Dialog als das Homeoffice – und auch der Gesundheit tue es gut. Wer also wieder mehr mit Menschen als mit Bildschirmen zusammenarbeiten möchte, der solle den Weg in das Büro nicht scheuen. Ganz zu schweigen von den gemeinsamen Pausen und der Trennung von Arbeit und Privatem. Szenenwechsel seien im Alltag wichtig, da biete das Büro mehr Abwechslung und sei ein echter Gewinn für die psychische Gesundheit.
Bei so viel Lobeshymne auf das Büro darf aber nicht vergessen werden, dass die Anforderungen an einen zeitgemäßen Arbeitsplatz sich ändern. Flexibilität und Wellbeing werden immer wichtiger, wenn es darum geht, Talente zu binden und zu halten. Außerdem drängt eine neue Generation auf den Arbeitsmarkt, deren Ansprüche an den Job und die Sinnhaftigkeit von Arbeit bisherige Vorstellungen auf den Prüfstand stellen. Unternehmen müssen sich darauf einstellen und bereit sein, bei der Arbeitsplatzgestaltung umzudenken.
Doch wie sieht eine zeitgemäße Bürogestaltung aus?
Hier hat sich in den letzten Jahren schon einiges getan. Moderne Büros bieten eine Vielzahl von Arbeitsbereichen, die auf unterschiedliche Arbeitsstile und Tätigkeiten zugeschnitten sind. Von Team-Nachbarschaften über Kollaborationshubs bis hin zu Lounge-Bereichen können Mitarbeiter den Raum wählen, der ihren Anforderungen am besten entspricht. Diese Flexibilität fördert nicht nur die individuelle Produktivität, sondern auch die Zusammenarbeit und Kreativität im Team.
Unternehmen tun zudem gut daran, auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in die Gestaltung der Arbeitsumgebung einzubeziehen. Durch kontinuierliches Feedback, Befragungen und Co-Creation entstehen Arbeitsplätze, die den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten entsprechen. Das kommt auch der steigenden Erwartung der Mitarbeiter nach mehr Autonomie im Büro entgegen. „Wie im Homeoffice wollen sie selbst entscheiden, wo sie arbeiten und ihre Umgebung anpassen. In vielen Büros wird die Temperatur zentral gesteuert und es fehlt die Möglichkeit der Individualisierung. Das heißt, Architekten und Planer müssen dafür sorgen, dass Büroarbeitsplätze individuell konfigurierbar sind und eine wohnliche Atmosphäre bieten. Und auch hier glaube ich, dass wir viel mehr darauf hören müssen, was die Menschen von ihrer Arbeitsumgebung erwarten, sonst kommen sie nicht ins Büro“, sagt Ulrich Blum, Architekt für Arbeitsplatzgestaltung an der Münster School of Architecture, im Gespräch mit dem IBA.
Die Integration von Technologie wird ebenfalls für Büros immer wichtiger:
Sensoren, Apps und digitale Tools werden in die Arbeitsumgebung eingebettet, um Teams, die sowohl vor Ort als auch remote arbeiten, nahtlose Arbeitsabläufe zu ermöglichen und die Effizienz zu steigern. Mitarbeiter können unkompliziert zwischen physischen und virtuellen Arbeitsmodi wechseln und technologieunterstützte Besprechungsräume nutzen. Ein spezielles Reservierungssystem für Arbeitsplätze und Konferenzräume ermöglicht zudem eine auf die jeweiligen Mitarbeiterbedürfnisse zugeschnittene Arbeitsumgebung. Um flexibel auf die sich ständig ändernden Anforderungen und Bedürfnisse von Teams reagieren zu können, sind dynamische und agile Arbeitsumgebungen eine wichtige Voraussetzung.
„Das Konzept basiert auf der Idee, dass Arbeit nicht länger an feste Strukturen und starre Hierarchien gebunden, sondern anpassungsfähig, kollaborativ, multidisziplinär und innovationsfördernd sein sollte. Solche Umgebungen bieten Räume, die schnelle Entscheidungen ermöglichen sowie Zusammenarbeit, Kreativität und Innovation fördern“, sagt Jasmin Najiyya.
Offene Architektur, natürliche Materialien, Grünflächen und moderne Einrichtungen wie Cafés und Fitnessräume schaffen eine angenehme Arbeitsatmosphäre und stehen für eine neue Gastlichkeit, so der IBA. In der Praxis gibt es verschiedene Beispiele, die zeigen, wie es gelingt, über traditionelle Bürostrukturen hinaus ein einladendes Ambiente zu schaffen und zusätzlich noch mit Blick auf die Nachhaltigkeit zu punkten. Immer mehr Unternehmen zeigen so ihre Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft. Naturmaterialien, viel Grün und regionale Pflanzen sorgen für eine Verbindung zur Natur, während Orte wie Mitarbeitercafé, Fitness- und Ruheräume und Terrassen das Wohlbefinden fördern und zu kreativen Pausen einladen.
Das Büro wird mittlerweile nicht nur als Arbeits‑, sondern auch als Lernort verstanden. Deshalb bieten die neuen Arbeitswelten nicht nur flexible Arbeitsmodelle, sondern auch vielfältige Lernmöglichkeiten. Durch die Kombination verschiedener Lernformate wie Blended Learning, Präsenzveranstaltungen und Web-based Trainings können Unternehmen ihren Mitarbeitern eine kontinuierliche Qualifizierung anbieten. Die räumliche Gestaltung der Büros spielt dabei eine wichtige Rolle, um gemeinsames Lernen in unterschiedlichen Settings zu ermöglichen. Spezielle Räume und Module sind für Schulungen, Workshops und Lerngruppen konzipiert, die den Austausch und die Zusammenarbeit fördern. Diese Lernräume im Büro bieten nicht nur die Möglichkeit, sich fachlich und methodisch weiterzuentwickeln, sondern auch die Unternehmenskultur und die Zusammenarbeit zu stärken.