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FRAUEN IN FÜHRUNG

„Man muss sich trauen und sich zeigen“

Meike Heinrich, Diplom-Wirtschaftsingenieurin (FH), hat 2010 ihre berufliche Karriere bei BOGE Kompressoren begonnen und ist seit 2018 Leiterin Forschung und Entwicklung. Über ihre Tätigkeit in einer männerdominierten Branche und  Geschlechtergerechtigkeit. 

Haben Sie sich auf die Position Leiterin Forschung und Entwicklung beworben? Gab es männliche Mitbewerber?
Mareike Heinrich: Da es sich um eine interne Weiterentwicklung handelte, gab es keine klassische Bewerbungssituation mit mehreren externen Mitbewerbern.

Wie groß ist Ihr Team und wie viele Frauen und Männer gehören ihm an?
Mareike Heinrich: Ich bin standortübergreifend für rund 80 Mitarbeitende verantwortlich. Der Frauenanteil liegt aktuell zwischen zehn und 15 Prozent.

Ist es schwierig, in einer traditionell männerdominierten Branche Karriere zu machen?
Mareike Heinrich: Aus meiner Perspektive und meinen Erfahrungswerten war es grundsätzlich nicht schwierig, in einer männerdominierten Branche Karriere zu machen. Insbesondere innerhalb des Unternehmens hatte ich auch nie das Gefühl, dass mein Geschlecht eine Rolle spielt oder gespielt hat.Es gab jedoch Situationen, in denen ich den Eindruck hatte, meine fachliche Expertise doppelt unter Beweis stellen zu müssen, insbesondere im technischen Bereich. Ich habe diese Situationen jedoch immer als Chance begriffen und sie zu meinem Vorteil genutzt, um nachhaltig zu überzeugen. Ich habe mich in meinen Rollen und in meinem Umfeld stets sehr wohlgefühlt. Ein wesentlicher Schlüssel liegt meiner Meinung nach darin, sich selbst nicht infrage zu stellen – schon gar nicht aufgrund des eigenen Geschlechts.

Welche Stärken und Kompetenzen machen Führung aus?
Mareike Heinrich: Für mich bedeutet Führung vor allem Kommunikationsstärke. Der Erfolg eines Unternehmens ist letztlich das Ergebnis guter Teamarbeit und nicht allein die Leistung einer Einzelperson. Neben einer schnellen Auffassungsgabe und der Fähigkeit, strategisch zu denken, sind Organisationstalent und die Fähigkeit, komplexe Inhalte klar zu kommunizieren, entscheidend. Und vor allem stetige Lernbereitschaft.

Werden in Ihrem Unternehmen Frauen besonders gefördert?
Mareike Heinrich: Wir verfolgen keine klassische „Frauenquote“, wie sie in Konzernen häufig diskutiert wird. Das ist im Mittelstand so vielleicht auch nicht immer umsetzbar. Viel wichtiger ist, dass es keine Benachteiligung gibt. Unser Erfolg und unser für die Branche hoher Frauenanteil geben uns recht.

Stichwort Familienfreundlichkeit: Sehen Sie Ihren Arbeitgeber hier gut aufgestellt?
Mareike Heinrich: BOGE ist in diesem Bereich sehr gut aufgestellt – und das nicht nur auf dem Papier. Wir wurden bereits mehrfach als familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet. So erleichtern unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit des mobilen Arbeitens die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich. Gleichzeitig bleibt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Herausforderung, gerade bei zwei berufstätigen Elternteilen. Hier sehe ich auch Politik und Gesellschaft in der Verantwortung, beispielsweise bei der Weiterentwicklung der Kinderbetreuung.

Wie hoch ist der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Gesamtunternehmen?
Mareike Heinrich: Vor allem im Branchenvergleich ist dieser Anteil erfreulich hoch. Ein Beleg dafür ist unsere Geschäftsleitung, die aus zwei Geschäftsführern (Dr. Björn Six und Dr. Sebastian Göbel) sowie zwei Prokuristinnen (meine Kollegin Nadine Komvos und ich) besteht.

Was raten Sie Frauen, die beruflich Verantwortung übernehmen wollen?
Mareike Heinrich: Wie Erich Kästner schon sagte: „Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es.“ Der erste Schritt ist entscheidend. Man muss sich trauen und sich zeigen, denn auch die Menschen um einen herum kochen nur mit Wasser. Es geht nicht darum, sich in den Vordergrund zu drängen, sondern darum, sichtbar zu sein, Verantwortung zu übernehmen und nicht zu tief zu stapeln. Zudem ist es sinnvoll, zu „netzwerken“ und sich so unternehmens- oder fachübergreifend austauschen zu können.

Wie ist es in der Praxis um die Chancengleichheit bestellt?
Mareike Heinrich: Bei BOGE wird Chancengleichheit tatsächlich gelebt. Wir stellen jedoch fest, dass der Anteil an Bewerberinnen gerade im Bereich der Entwicklung sehr gering ist. Hier besteht auch gesellschaftlich noch viel Handlungsbedarf, insbesondere was die frühzeitige Begeisterung junger Frauen für technische Berufe betrifft.

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