In unserer neuen Serie stellen sich Startups aus der garage33, dem Gründungszentrum der Universität Paderborn vor, die mit ihren innovativen Ideen nicht nur nach wirtschaftlichem Erfolg streben, sondern auch einen nachhaltigen und positiven Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt ausüben wollen.
Physik zählt nicht gerade zu den beliebtesten Schulfächern. Der oft eher theoretische Unterricht macht es für Schülerinnen und Schüler oft schwierig, ein Interesse für dieses grundlegende naturwissenschaftliche Fach zu entwickeln. Weil die Ausstattung fehlt, die Sicherheitsbedenken oder die Kosten zu hoch sind, werden Versuche und Experimente nur selten durchgeführt. Oft sehen die Schülerinnen und Schüler von ihrem Platz im Klassenraum auch gar nicht, was beim Versuch vorne passiert, was dazu führt, dass viele das Fach als „trocken“ und „zu theoretisch“ empfinden und sich nicht wirklich für die Naturgesetze der Physik begeistern können.
Um den naturwissenschaftlichen Unterricht spannender und erlebbarer zu machen, entwickelten wir AR-Physics, eine mobile App, die Augmented Reality (kurz AR) nutzt, um Physikexperimente für Schülerinnen und Schüler zugänglicher zu machen. So lässt sich jedes Smartphone oder Tablet in ein interaktives Labor verwandeln, mit dem Physikexperimente auf eine neue und praxisorientierte Weise erlebbar werden. Mit dieser digitalen Lösung können Experimente interaktiv durchgeführt werden – ob im Klassenzimmer oder von zu Hause aus. Es werden komplexe physikalische Konzepte vermittelt, ohne dass sich Lehrkräfte um den Aufbau und die Wartung von Geräten kümmern müssen. Die virtuellen Experimente machen den Physikunterricht deutlich innovativer und ermöglichen Schülerinnen und Schülern unabhängig von der Ausstattung der Schule, Physik praxisnah zu erleben.
Wir drei Gründer lernten uns in der Schule im Kreis Paderborn kennen. Da unsere Schule nicht besonders gut ausgestattet war, konnten wir viele Experimente im Physikunterricht nicht durchführen. Das trübt natürlich die Freude an Naturwissenschaften und vermittelt auch ein falsches Bild von Physik. Im Informatik-Leistungskurs entwickelten wir die Idee, dies mithilfe von Augmented Reality-Inhalten zu ändern. AR kann physikalische Experimente virtuell, aber dennoch anschaulich und interaktiv darstellen. Schülerinnen und Schüler können um das Experiment herumgehen, Parameter ändern und fast wie in der Realität mit dem Experiment interagieren. Wir starteten mit einem Experiment, bauten es in der Anwendung nach und testeten es in unserem Physikkurs. Das positive Feedback ermutigte uns, die Idee weiterzuverfolgen. Nach dem Abitur folgte direkt die Startup-Gründung.
Philipp ist im Team der Physikexperte und verantwortlich für die Entwicklung der Versuchssimulationen und für Marketing. Felix studiert Computer Engineering und ist Backend-Entwickler. Ich, Jost Reelsen, studiere Physik und bin als Frontend-Entwickler der App verantwortlich für die User Experience. Seit Oktober 2024 erhalten wir das Gründungsstipendium NRW, das uns in der Anfangsphase finanziell unterstützt. Im Rahmen des Stipendiums profitieren wir außerdem von der wertvollen Unterstützung unseres Coaches Arthur Hartel aus der garage33, der uns mit seiner Expertise begleitet und beratend zur Seite steht. Die garage33 spielt eine zentrale Rolle in unserer Entwicklung. Ihr großes Netzwerk hat uns schnell mit weiteren Experten aus dem EdTech-Bereich zusammengebracht. Außerdem profitieren wir vom Medienstudio im Startup Campus OWL, das wir für Foto- und Videoaufnahmen für Marketingzwecke und Werbung nutzen können.
Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer App AR-Physics schon erste Erfolge feiern konnten! Ende Juni überzeugten wir mit unserer Idee in der bundesweiten Businessplan Challenge der Initiative STARTUP TEENS in der Kategorie „Education“ und gewannen ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Unsere App wurde bereits 5000 Mal heruntergeladen. In ersten Tests gaben 96 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler an, dass sie sich gut vorstellen können, die Anwendung für den Physikunterricht zu nutzen.
Aktuell planen wir ein Pilotprojekt mit rund 250 Schulen aus ganz Deutschland, um die Nutzung von AR-Physics im Physikunterricht zu testen und zu validieren. Zurzeit suchen wir interessierte Schulen, die unsere App in den Physikunterricht einbinden möchten. Ihr Feedback soll direkt in die Weiterentwicklung unserer Idee einfließen, um unser Ziel zu erreichen, die naturwissenschaftliche Bildung in Schulen neu zu gestalten und Schülerinnen und Schüler zu motivieren, naturwissenschaftliche Fächer auf eine neue, spannende Weise zu entdecken.
„AR-Physics zeigt, wie digitale Technologien das Bildungssystem verbessern und Lernen lebendig machen können. Ein Startup, das die Lücke zwischen klassischem Unterricht und moderner Technologie schließt.“
Prof. Dr. Sebastian Vogt, Geschäftsführer TecUP / garage33